Nov 30

Nur noch bis Mittwoch: Eintragen für echten Nichtraucherschutz in Bayern

In Bayern gibt es – anders als in fast allen anderen Bundesländern – die durchaus sinnvolle Einrichtung des Volksbegehrens. Das muss ich auch Zugezogener neidvoll anerkennen. Volksbegehren heisst, dass man durch seine Unterschrift die Politik zum Handeln bewegen kann. Wenn nämlich genug Unterschriften zustande kommen, dann muss der Bayerische Landtag einen Gesetzentwurf nämlich entweder _ohne_Änderungen_ (!) annehmen, oder in einem Volksentscheid einen Gegenentwurf zur Abstimmung stellen.

Seit dem 19. November gibt es jetzt ein laufendes Volksbegehren zu einem heiß diskutierten Thema: Dem Nichtraucherschutz in bayerischen Gaststätten. Wie befreiend war es doch, als man plötzlich merkte „Ich kann in die Kneipe gehen und stinke danach nicht wie ein Kettenraucher“. Leider ist das ursprünglich sehr strenge Verbot mittlerweile durch sehr viele Ausnahmen aufgeweicht worden. Mit dem Volksbegehren soll jetzt eine ausnahmelose Regelung umgesetzt werden. Mehr dazu unter: www.nichtraucherschutz-bayern.de/unsere-ziele/ziele.html

Benötigt werden insgesamt die Unterschriften von 10% aller Wahlberechtigten. Das sind in Bayern 9,5 mio – also werden ca. 950 000 Unterschriften benötigt. Das ist sehr, sehr viel und muss innerhalb von zwei Wochen erreicht werden. Trotzdem sieht es bisher ganz positiv aus. Vor allem in Mittelfranken: www.nichtraucherschutz-bayern.de/zwischenstaende.html. Es fehlen aber (Stand 30.11.) noch ca. 150.000 Unterschriften.

Wem also ein echter Nichtraucherschutz am Herzen liegt: Bitte unbedingt noch eintragen! Es geht (nur) noch bis Mittwoch. Wäre sehr schade, wenn es scheitert.

Alle Infos (auch wann und wo man sich eintragen kann) unter: www.nichtraucherschutz-bayern.de

Nov 22

Carlos Ruiz Zafon: Der Schatten des Windes

Nachdem „Der Schatten des Windes“ für mich seinerzeit des Buch des Jahres war, konnten die Erwartungen an „Das Spiel des Engels“ kaum größer sein. Der Klappentext liest sich fast wie ein Prequel zum Schatten: Wieder geht es um besondere Bücher, schauerliche Geschichten in besonderen Häusern und schliesslich und endlich: um Barcelona, die Heimatstadt Zafons.

Worum geht’s?
Der vom Glück bisher alles andere als begünstigte David Martin wird als Zeitungsjournalist entdeckt und bald durch einen Knebelvertrag zum Schreiben von Schundromanen in hervorragender Qualität für einen Hungerlohn verpflichtet. Er träumt davon, ein eigenes Buch zu veröffentlichen, scheitert jedoch an der Ungnade seiner Umwelt. Nur ein Buchladen des alten Schlages hält ihm die Stange und ermutigt ihn immer wieder. Als ein undurchsichtiger Fremder ihn mit viel Geld für einen Roman engagieren will und er sich auf das dubiose Geschäft einlässt, beginnt seine Welt langsam aber sicher in Brand zu geraten…

Und – wie war’s?
Die Atmosphäre des Buchs ist düster. Noch deutlich düsterer als in „Der Schatten des Windes“, an den man sich ständig erinnert fühlt. Die Ideen sprudeln nicht mehr ganz so massig (obwohl immer noch deutlich mehr Kuriosa zu bestaunen sind, als in den meisten anderen Büchern), der Witz st nicht mehr ganz so treffsicher. Außerdem sterben mir zu viele Protagonisten ohne besonderen Grund.
Dafür ist das Spiel des Engels eines, das sehr packend und spannend ist. Man möchte, man kann das Buch fast nicht aus der Hand legen, auch wenn man am nächsten Tag früh aufstehen muss und eigentlich besser schlafen sollte.
Ich denke das Hauptproblem des Buches sind die sehr hohen Erwartungen, denen es leider nicht gerecht wird. Vor diesem übermächtigen Vorgänger verblasst es und seine Fehler treten zu deutlich zu Tage. Zafon hätte das Setting wechseln sollen, um dieses Problem zu entschärfen, aber bei so vielen Überschneidungen drängt sich der Vergleich zu sehr auf und da kann das Buch nur verlieren.

Das interessante Zitat
Folgendes Zitat fand ich „eselsohrrelevant“ (S. 311), da es vollkommen unvermittelt im Gespräch der Luzifer-Figur mit dem David Martin kommt:

„Und sind sie ein Gläubiger oder ein Skeptiker?“
„Ich bin ein Profi. Und Sie auch. Was wir glauben oder nicht, ist irrelevant für das Gelingen unserer Arbeit. Glauben oder nicth glauben ist eine kleinmütige Frage. Man weiß, oder man weiß nicht. Punktum.“
„Dann muss ich gestehen, dass ich nichts weiß.“
„Folgen Sie diesem Weg, und Sie werden in die Fußstapfen des großen Philosophen treten. Und dazwischen lesen Sie die Bibel von vorn bis hinten. Sie ist eine der größten je erzählten Geschichten. Machen Sie nicht den Fehler, das Wort Gottes mit der Messbuchindustrie zu verwechseln, die davon lebt.“
Je länger ich in Gesellschaft des Verlegers war, desto weniger meinte ich ihn zu verstehen.
„Ich glaube, ich habe den Faden verloren. Wir sprechen von Legenden und Fabeln, und jetzt sagen Sie mir, ich soll an die Bibel glauben, als wäre sie das Wort Gottes?“
Ein Schatten der Ungeduld und Gereiztheit legte sich auf seinen Blick.
„Ich spreche im übertragenen Sinn. Gott ist kein Schwätzer. Das Wort ist Menschenwährung.“
Dann lächelte er mir zu, wie man einem Kind, das die elementarsten Dinge nicht versteht, zulächelt, um es nicht ohrfeigen zu müssen.“

Für alle, die das Buch gelesen habe, hier meine persönliche Theorie zu dem Buch, das David Martin schreibt: (Achtung Spoiler-Alarm!)
Aus diversen Andeutungen meine ich zu erkennen, dass das Buch ohne Probleme „Mein Kampf“ heißen könnte und sozusagen später von Adolf Hitler aus der „Bibliothek der vergessenen Bücher“ entführt wurde 😉 Der religionsersetzende und gleichzeitig menschenverachtend zersetzende Charakter und vor allem die Umsetzung des Verlegertipps, dass unbedingt noch ein „Schuldiger“ eingebaut werden müsse, damit es „funktioniert“ wären damit gut umgesetzt worden.

Derzeit gibt es „Das Spiel des Engels“ leider nur als Hardcover und als Hörbuch (9 CDs).

Okt 27

Am Sonntag ist wieder puls

Wer am Sonntag abend noch nichts vor hat, dem kann ich die dritte Episode von puls ans Herz legen. Um 18 Uhr am Museumswinkel werden die Lichter wieder gedämmt und die Lounge-Musik dezent gepitcht. Manches ist mittlerweile zur Routine geworden, manches ist jedes Mal neu. Mittlerweile weiß man auch, was in welche Kategorie gehört.

Auch am Sonntag gibt es wieder ein Thema: „Gelassen – die Kunst richtig auszuruhen“. Das könnte mir gut so passen, denn etwas chillen wäre im Moment angesagt.

Mehr Infos unter www.puls-erlangen.de.

Okt 27

Adrian Plass: Der Grashalm

Untertitel: Die kleine Geschichte einer großen Entscheidung

Die Kurzgeschichte, die Brendow hier in einer 78-seitigen Hardcover-Ausgabe herausgebracht hat ist für Plass-Fans schon länger bekannt. Genauer gesagt seit 1997, als „…und der Grashalm sprach. Vater-Sohn Geschichten“ in Deutschland erschienen ist. Neu in der neuen Ausgabe ist ein Vorwort des Autors, das den starken autobiographischen Bezug der Geschichte deutlich macht.

Worum geht’s?
Paul hat bisher auf ganzer Linie versagt: Als Vater, als Ehemann, als Freund und als Schriftsteller. Als sein Freund und Saufkumpan ihn in der Kneipe mit einer möglicherweise weitreichenden Änderung konfrontiert, besäuft er sich hemmungslos. Seine Frau stellt ihm am nächsten Tag ein Ultimatum, dass sich „etwas ändern“ muss und im Gespräch mit einem Grashalm stellt er sich seinen Gefühlen und trifft eine Entscheidung.

Und – wie war’s?
Die Kurzgeschichte führt tief in die Gefühlswelt des außer Tritt geratenen Protagonisten. Und dort gibt es einiges an Abgründen zu entdecken. Das ist nicht immer schön zu lesen, aber so ist das eben manchmal mit unschönen Wahrheiten. Während dem Text der große innere Monolog sehr gut gelingt, wirkt das Ende etwas sehr abrupt und lässt den Leser aufgrund vieler offener Fragen etwas im Unklaren. Andererseits bleibt so noch genug Möglichkeit, seinen eigenen Gedanken nach zu hängen.

Die Ankündigung des Verlags als „Der ebenbürtige Nachfolger des Plass-Klassikers ‚Der Besuch'“ ist für mich eine reine Marketing-Aussage – denn weder inhaltlich noch sprachlich kann „Der Grashalm“ in dieser Liga mithalten. Für sich genommen ist die Geschichte jedoch durchaus lesenswert.

Okt 23

Judy Bailey: „Und ich sang“

Untertitel: „Ein Leben für die Musik“

Der Untertitel klingt wohl etwas sehr pathetisch für eine 40-jährige, die durchaus noch musikalisch aktiv ist und nicht aus dem Olymp auf ein langes vergangenes Leben zurück blickt. Die aus Barbados stammende Judy Bailey ist mir hauptsächlich durch das Lied „Jesus in my House“ (vgl. Youtube) bekannt, einem eingängigen Lied. Und jetzt also eine „Biographie“.

Worum geht’s?

In „Und ich sang“ schildert Judy Bailey nicht nur, woher Ihr Nachname kommt, sondern so ziemlich alles, was sie in ihrem Leben bisher erlebt hat. Und zwar sehr persönlich und immer aus der Ich-Perspektive. Das kommt sehr sympathisch rüber und sorgt dafür, dass man das – mit vielen Fotos versehene – Buch gut in einem Rutsch lesen kann und fast das Gefühl hat, sie säße daneben und plaudere eben so aus ihrem Leben. Und dieses Leben hat es ganz schön in sich und ich war an vielen Stellen überrascht, was sich hinter der Musikerin und graduierten Psychotherapeutin noch so alles verbirgt. Sowohl menschlich als auch musikalisch ist hier eine große Bandbreite geboten und so erfährt man nicht nur vom Verhältnis zu ihren Eltern und ihrem Mann, sondern auch von persönlichen Niederlagen und Charterfolgen sowie dem Verhältnis zu anderen Künstlern. Von Wohzimmerkonzerten bis zu 400.000 Zuschauern hat Judy Bailey alles erlebt und das präsentiert sie immer nett und unterhaltsam in diesem im Brendow-Verlag erschienenen 144-Seiten Buch.

Und – wie war’s?

Wer hohe Literatur erwartet ist hier falsch. Auch Erkenntnisse über den Augenblick hinaus sucht man wohl vergeblich. Aber nett zu lesen ist es auf jeden Fall.

Wer mehr wissen will, kann auch die offizielle Webseite www.judybailey.com besuchen.

Okt 22

Moviekritik zu „Away we Go“ online

Nach fast 8 Monaten als junges Elternpaar kann man es mal wagen zu zweit ins Kino zu gehen. Die Erwartungen ans erste gemeinsame Ausgehen sind hoch. Muss es nicht der Film aller Filme werden, den man wochenlang vorher ausgesucht hat für dieses quasi historische Ereignis? Nö muss es nicht. Man kann auch sehr viel Spaß haben, wenn man – fast schon aus der Not des Filmprogramms heraus – alle Hoffnungen in einen hoch beworbenen „Independent“-Film setzt. Zumindest wenn dabei „Away we Go“ herauskommt.
Eine echte Empfehlung – wer mehr wissen will: Moviekritik zu Away we Go

Okt 04

Wunschkirche.de und die Folgen: puls! (Heute geht’s los!)

Vor einiger Zeit (oh Schreck, das ist ja fast ein Jahr her!) hatte ich hier im Blog auf die Umfrage www.wunschkirche.de hingewiesen. Ein Projekt von Elia, bei dem es – stark vereinfacht – darum ging, wie ein spirituelles Event in der Postmoderne sein sollte, damit man (=ich, der geneigte Leser, kirchlich sozialisierte und Leute ohne kirchlichen Hintergrund) etwas davon hat und gerne hin geht. Soweit so spannend.

Das Einsammeln von Fragebögen hat einiges an Zeit gekostet. Am Erlanger Frühling waren wir mit einem Stand vertreten und haben gerade dort sehr viele interessante Antworten bekommen, die nachher brav in Limesurvey eingetippt wurden. Für die Auswertung haben wir uns auch viel Zeit genommen: Was wird gewünscht? Was ist machbar? Welche Vorstellungen haben wir selber?

Heraus gekommen ist etwas, was so spannend ist, dass wir es uns selbst erst dann richtig vorstellen können, wenn es vorbei ist. So viele Ideen wurden eingebracht. In meiner persönlichen Tagcloud steht im Moment: Loungig, chillig, intelligent, moderat abgefahren, ungewöhnlich, Video, meditativ und (zumindest für heute) Tee!

Wer mehr wissen will: www.puls-erlangen.de – und die erste Staffel beginnt genau heute um 18 Uhr im Museumswinkel in Erlangen. Wer sie heute verpasst, der hat am 18.10., 1.11. und 15.11. noch mal die Gelegenheit. Die zweite Staffel folgt dann im Frühjahr.

Okt 02

„Image Renaming“: Bilder umbenennen nach dem Datum an dem sie aufgenommen wurden

Wer kennt das nicht – da hat man eine Menge Bilder (möglichst noch von verschiedenen Kameras) und in den EXIF-Informationen ist auch brav gespeichert, wann sie aufgenommen wurden. Das kann man sich im Windows Explorer auch schön anzeigen lassen (Ansicht: Details, Rechtsklick auf die Spaltenbezeichnungen und „Date picture taken“ abhaken). Aber wie zum Henker schafft man es, diese Bilder so zu benamsen, dass man sie sich auf einem beliebigen System in der richtigen Reihenfolge anzeigen lassen?

So geht’s schon mal nicht:

a) Sortieren über die Spalte im Windows-Explorer, alle markieren und beim ersten Bild auf „Umbenennen“ klicken. Dann hat man zwar für Menschen schön lesbare Titel wie „Bild.jpg“, „Bild (1).jp“ etc, aber leider wird die Sortierung schwierig wenn es über die 9 hinaus geht und Leerzeichen und Klammern in Dateinamen sind auch ziemlich hässlich

b) Mit einem klassischen Rename-Tool – denn hier steht als Parameter meist nicht das Aufnahmedatum des Bildes zur Verfügung.

Und so klappt’s dann doch:

Einfach die Freeware „Image Renaming“ herunterladen. Gar nicht mal installieren, einfach die entsprechende Exe ausführen und dann über Action->Modify Filenames->Add Dates to Filename (oder noch einfacher: Add Index to Filenames) dafür sorgen, dass die Dateien umbenannt werden. Et Voilá.

Danach hab ich so lange gesucht, dass es mir jetzt einen Blogeintrag wert ist.

Sep 30

Moviekritik zu „Die Entführung der U-Bahn Pelham 1 2 3“ online

Es gibt einen Grund mehr keine John Travolta Filme zu mögen (und das schreibe ich nicht etwa weil ein Remake von Staying Alive oder Kuck mal wer da spricht 15 anstehen würde…), nein es reicht schon das derzeit laufende Remake zu dem Geiseldrama Die Entführung der U-Bahn Pelham 1 2 3. Travolta markiert da den toughen (aber durchgeknallten) Gangster. Leider ohne so richtig genialen Plan. Dafür mit neuen F-Word-Rekorden. Das ist eigentlich schon das einzige was einem (neben der gewohnt guten schauspielerischen Leistung von Denzel Washington) von dem Streifen in Erinnerung bleibt. Prolo-Kino ohne Innovation. Muss ich nicht haben. Trotzdem mehr von meinen Leiden unter www.moviekritik.de

Sep 17

Joe Sacco: Palästina

Der Zeichner und Autor Joe Sacco hat mit seinem in den 90er Jahren entstandenen Werk Palästina Comic-Geschichte geschrieben: Es gilt als erstes Werk des Comic-Journalismus.

Worum geht’s
In einigen Reisen in den Jahren 1991/92 besuchte Joe Sacco diverse Städte im Westjordanland und Israel. Er lebte tageweise mit Palästinensern und liess sich von ihnen und ihren Bekannten deren persönliche Geschichten zum Palästina-Konflikt erzählen. Dabei geht es um willkürliche Schikanen, die Vertreibung von Palästinensern nach und während der Gründung des Staates Israel, um das Leben in Flüchtlingslagern und Verhöre in israelischen Polizeistationen. Gegen Ende des Buches diskutiert Sacco auch mit zwei israelischen Frauen und stellt deren Einschätzungen zum Konflikt dar.

Zuerst erschienen die Geschichten in mehreren Mini-Serien, wurden später aber zu einem mit Preisen ausgezeichneten Buch zusammen gefasst.

Und – wie war’s?
Das Medium ist sehr gut gewählt. In perfekten Schwarz-Weiß-Zeichnungen schafft es Sacco die Erzählungen der Gastgeber zum Leben zu erwecken und zeichnet so ein (düsteres) Bild der Unterdrückung und weitgehenden Hoffnungslosigkeit. So eindrücklich wäre es in Prosa kaum zu schaffen gewesen. Dabei zeigt sich der Autor selbstironisch, wenn auch manchmal etwas zu gewollt witzig.

Inhaltlich fällt auf, dass das Buch sehr einseitig ist – eben ein persönlicher Erfahrungsbericht. Analysen zur Ursache des Konflikts fehlen ebenso wie ein echtes Hinterfragen der Geschichten oder gar Lösungsansätze. Trotzdem ein wichtiger Beitrag zur Debatte. Und überaus interessant zu lesen noch dazu.