Apr 24

Moviekritik zu „In Time – Deine Zeit läuft ab“

Es gibt Filme die leben von den Schauspielern, es gibt Filme die leben von den Spezialeffekten und es gibt Filme, es gibt Filme die von einer guten Dramaturgie leben und es gibt Filme, die ihre Daseinsberechtigung aus einer guten Filmidee ziehen – auch wenn das Drehbuch dieser dann nicht immer gerecht wird. Um so eine gute Idee (und leider auch um ein eher mangelhaftes Script) geht es in „In Time“, einem erfreulich wenig actionlastigen Science Fiction Film mit der Grundannahme, dass alle Menschen genetisch so verändert sind, dass sie nur bis zum Alter von 25 Jahren altern. Glücklicherweise kann man sein Leben danach (unter Beibehaltung aller physischen Merkmale) beliebig verlängern, wenn … ja wenn man „Zeit“ hat. Lebenszeit eben. Und das ist die neue und einzige Währung in diesem Film (neben Ohrringen, aber das ist eine andere Geschichte). Jeder Mensch hat eine grün leuchtende animierte Digitaluhr im rechten Arm, die für jedermann sichtbar die aktuell noch verfügbare Lebenszeit anzeigt. Durch direkten Kontakt oder seltsame Metallspeicher kann Lebenszeit ausgetauscht werden. Jede Busfahrt und jeder Gegenstand kostet entsprechend Lebenszeit – und die Preise steigen gerne mal an.

Insgesamt also sowohl ein Gleichnis für den Kapitalismus, als auch eine philosophische Betrachtung über den Umgang mit unserem Leben. Denn – ganz ehrlich – läuft es nicht bereits jetzt an vielen Stellen darauf hinaus, dass man z. B. seine Aufmerksamkeit und Lebenszeit an seinen Arbeitgeber verkauft um für das im Gegenzug erhaltene Geld dann Dinge zu kaufen? Nicht immer wird es uns im Leben so bewusst, wie im Film wo für eine Busfahrt eben mal „2 Stunden“ Lebenszeit fällig werden. Als Freiberufler kennt man es aber schon, dass man sich z. B. eine Jacke dann wird leisten können, wenn man noch X Stunden an einem (im besten Fall spannenden, im schlechtesten Fall nervigen) Kundenprojekt gearbeitet hat, weil man seinen „Stundenlohn“ kennt.

Und wer viele Dinge kaufen will, muss entweder besonders viel Zeit investieren oder besonders unangenehme Dinge tun. (Na ja, manchmal auch nur nicht nach den Regeln spielen und sich nicht erwischen lassen, wie der aktuelle Fall Höneß zeigt). Und ja, es gibt auch in „In Time“ unterschiedliche Klassen. Diese werden in verschiedenen Zeitzonen (vom Nobelviertel bis zur Fabrikarbeitersiedlung. Und die Übergänge dazwischen gehen richtig an die Lebenszeit. Hier wiederum habe ich mich sehr an unsere gar nicht so eine Welt und die „Festung Europa“ erinnert gefühlt. Gar kein so schönes Gefühl, wenn einem diese Ungerechtigkeit so vor Augen gemalt wird.

Andrew Niccol ist mit „In Time“ eine inhaltlich beeindruckende Studie zum Thema Kapitalismus gelungen. Weniger überzeugend sind die schauspielerischen Leistungen von Justin Timberlake und Amanda Seyfried, was aber nicht weiter überraschen dürfte. Manche Ungereimtheiten in der Story (z. B. die Frage welchen großen Sinn es macht, sich Lebenszeit von einer Bank leihen zu können oder warum es keine Sicherung bei der Übertragung von Zeit gibt) muss man einfach übersehen. Insgesamt jedenfalls ein sehr sehenswerter Film, der zum Nachdenken anregt.

Apr 08

Moviekritik zu ¨Side Effects- Tödliche Nebenwirkungen¨

Zu Beginn des Filmes weiß man noch nicht so recht, welches Genre einen erwartet. Es könnte sich um einen Thriller, ein Gerichtsdrama, scripted Reality, einen Horrorfilm, ein Familiendrama oder Science Fiction handeln. Ohne zuviel verraten zu wollen: irgendwie bedient dieser spannende und wendungsreiche Film bis zu einem gewissen Grad alle angesprochenen Schubladen.
Trotz hochkarätiger Besetzung wird ¨Side Effects¨ aller Wahrscheinlichkeit nach kein großes Publikum erreichen. Wer sich aber auf diese sicher nicht leicht zu verdauende (Tor)tour einlässt, setzt sich einem Wechselbad der Empfindungen aus. Eine Erfahrung, die länger haften bleibt, als so mancher weichgespülte Unterhaltungsfilm. Allzu zart besaitet sollte man allerdings nicht ins Kino gehen. Blut gibt es zwar nicht viel zu sehen, aber im Kopf richten Plot und die Grundstimmung des Filmes eine ganze Menge beim Zuschauer an.
Thumbs up für diese interessante Bereicherung der cineastischen Landschaft.

Feb 26

Moviekritik zu „Lincoln“

Während „Django Unchained“ die emotionale Seite des Themas „Abschaffung der Sklaverei in den USA“ abdeckt, ist „Lincoln“ eher für den Kopf gedacht. Leider kommt der Film unter der Regie von Steven Spielberg so dröge daher wie eine Geschichtsstunde: Abraham Lincoln bewegt sein Gesicht in den ersten 110 (von 137) Minuten des Filmes praktisch überhaupt nicht und spricht entweder in gestelzter Sprache mit großem Pathos oder so gewollt lässig mit vermeintlich „kleinen Lichtern“, dass es dem Kinobesucher die Tränen in die Augen treibt. Und wenn er zum wiederholten Mal sinnloserweise zu einer (nur bedingt zur Situation passenden) Anekdote ansetzt, möchte man durchaus auch mal die Vorspultaste am Kinositz finden. Mehr als der namensgebende Protagonist überzeugt Tommy Lee Jones mit einer süffisant bärbeißigen Performance. Dramaturgisch ist kaum etwas geboten. Das „politische Genie“ Lincolns (auf einem gleichnamigen Buch basiert der Film) wird zwar teilweise deutlich, kann aber nicht recht überzeugen.

Inhaltlich interessant fand ich, dass meist über „die Neger“ geredet und entschieden wird. Mit den Schwarzen redet jedoch kaum jemand und diese erscheinen bis auf eine einzige Ausnahme auch in Washington immer nur als Dienstboten. Auch Lincoln redet mit der Zofe seiner Frau „von ihrem Volk“, das er nicht kennt und das ihm eigentlich herzlich egal ist. Auf der Basis wird kaum deutlich was die wahren Beweggründe für seinen Kampf für die Abschaffung der Sklaverei sind. Deutlicher – ohne zu viel verraten zu wollen – wird das beim Abgeordneten Stevens (Tommy Lee Jones) am Ende des Films. Eine echte Auseinandersetzung mit den Gründen für und gegen die Sklaverei findet hier also nicht recht statt.

Für 12 Oscars nominiert, nur zwei bekommen – „Lincoln“ sieht nach dem großen „Verlierer“ der diesjährigen Oscar-Verleihung aus, weil Erwartungen und Ergebnis so weit auseinander liegen. Nach meinem gestrigen Filmbesuch würde ich sagen: zu Recht. Hier wurde mit sehr viel Geld aus einem großen Thema ein teurer Film ohne echte Seele produziert. Es wäre einfach noch mehr drin (und auch angebracht) gewesen.

Jan 22

Moviekritik zu „Django Unchained“

Worum geht’s bei „Django Unchained„?

Die Südstaaten zwei Jahre vor dem Amerikanischen Bürgerkrieg: Fiese degenerierte Weiße unterdrücken Sklaven. Ein drolliger Kopfgeldjäger kauft „Django“ frei, damit dieser ihn zu ein paar gesuchten Verbrechern führt. Im Gegenzug verspricht er, ihm bei der Suche nach seiner verschleppten Frau behilflich zu sein.

Und – wie war’s?

Slapstick, grandiose Dialoge und meterhohe Blutfontänen gemischt mit einem aberwitzigen Soundtrack – für Quentin Tranatino kein Widerspruch. Wie schon beim tollen Inglorious Basterds könnte der Film durch simples Schneiden einiger brutaler Szenen nur dazu gewinnen, aber damit ist bei diesem Regisseur nicht zu rechnen. Wenn man sich darauf einstellt und sich auf einen gut aufgelegten Christoph Waltz und einen ebenso fulminanten Jamie Foxx freut, dann kriegt man für sein Eintrittsgeld fast drei Stunden Unterhaltung die man nicht so schnell vergisst. Die filmischen und dramaturgischen Mittel sind drastisch, die Aussage „Sklaverei ist unmenschlich“ jederzeit zu unterstützen.

Schöne Zitate?

„Buchstabier mal deinen Namen!“ – „D-J-A-N-G-O – das D ist stumm!“

P.S.: … und danach wahrscheinlich am besten gleich in Lincoln – das wäre mal ein Double-Feature für echte Kinofreunde!

Mai 29

Moviekritik zu Ohne Limit online

Ist schon ne Weile her, dass mir ein Film so gut gefallen hat wie „Ohne Limit„. Nicht, dass der Film perfekt wäre, aber trotzdem sehr gut gemacht.
Die Grundidee ist die, dass über eine neue experimentelle Droge voller Zugriff auf alle Erinnerungen des Gehirns möglich wird und was das für Personen die sich diese Droge leisten können in der Praxis bedeutet. Ein spannender Trip, auch wenn die Ideen der gepimpten Hirne sich größtenteils leider kaum von denen normaler Menschen unterscheiden – dafür aber eben schneller und effektiver erreicht werden.

Man müsste mit der gleichen Ausgangslage praktisch noch einen zweiten Film drehen: Was wäre, wenn jemand diese Fähigkeiten nicht dafür nutzt um in drei Tagen ein geniales Buch zu schreiben, sondern ein paar der echten Probleme der Menschheit zu lösen. Das wäre noch spannender. Da würde ich diese Form des Gerhindoping sogar unterstützen 😉

Apr 07

Drei Moviekritiken online

Eigentlich hatte ich nach dem Besuch der Filme gar keine rechte Lust eine Kritik zu verfassen. Jetzt habe ich es doch getan.
Am schlechtesten weg kam eindeutig der heute offiziell angelaufen „The Mechanic“ – eine Mischung aus ästhetischem Männergesicht in Großaufnahme und einer umfangreichen Sammlung ziemlich widerlicher Tötungsarten.
The King’s Speech“ ist aus meiner Sicht zwar solides Handwerk mit sympathischen Hauptdarstellern – aber den Oscarreigen hat er sicher nicht verdient.
Der schwierigste Teil wurde mir glücklicherweise abgenommen – eine Gastautorin hat die Kritik zu „Black Swan“ verfasst. Gut so, denn ich war hin- und hergerissen. Natalie Portman hat (wie meistens) einfach sehr, sehr gut gespielt. Aber der Film selbst hat mich einfach nur geärgert und mir die Stimmung für einen ganzen Abend versaut.Gut, dass ich mich jetzt nicht damit herumschlagen musste, wie ich diese beiden Wiedersprüche in eine faire Kritik umsetze.

Dez 01

Moviekritik zu Fair Game online

Ein Agententhriller nach einer wahren Begebenheit (an die ich mich sogar noch aus der Zeitung erinnern kann) – das klingt doch schon mal nicht schlecht. Aber leider schafft es das Drehbuch mit einer unausgegorenen Gratwanderung zwischen Patriotismus und Schmollecke überhaupt nicht mich zu begeistern. Mehr unter www.moviekritik.de

Nov 02

Moviekritik zu Wall Street 2 Geld schläft nicht online

Die Realität hat Oliver Stone eigentlich eine richtige Steilvorlage für eine zünftige Kapitalismuskritik geliefert. Trotzdem schafft er es mit Wall Street 2 so unglaubwürdig zu drehen, dass man es kaum erträgt: Ein schnöseliger Wall Street Fuzzi, der seiner Mutter ständig Schecks über Summen ausstellt, für die normale Menschen mehrere Jahre arbeiten müssen lacht sich eine niedlich-naive Webseitendesignerin für eine angeblich „linke“ Webseite (deren ungezählte Top-gestylte Mitarbeiterinnen in schicken Büros rumhängen und so tun, als wollten sie mit Texten die Welt verändern und nicht etwa Buße für ihren von den stinkreichen Eltern geerbten Lebensstil tun) an. Und das schlimme ist: Das sollen die guten Charaktere in diesem Film sein…

Ein wirklich enttäuschender Filmbesuch und das wird einem umso mehr bewusst, je länger man darüber nachdenkt.

Mehr dazu unter www.moviekritik.de.

Okt 30

Moviekritiken zu R.E.D. und The American online

Zwei Filme mit der Gemeinsamkeit, dass sie auf die Zugkraft ihres Hauptdarstellers vertrauen. Aber damit erschöpfen sich praktisch auch schon die Gemeinsamkeiten. Während Bruce Willis in R.E.D. versucht an alle Die Hard Zeiten anzuknüpfen, betritt Clooney in The American, einem Film mit hohem künstlerischem Selbstanspruch Neuland. Mehr dazu wie immer unter www.moviekritik.de.