Jun 28

Peter Wiechmann (Autor), Rafael Méndez (Illustrator): Dietrich von Bern

Als bekennender Fan der Prinz Eisenherz Bände und ausgestattet mit trüben Kindheitserinnerungen zu der Sagenwelt von Dietrich von Bern habe mich freudig in das Leseabenteuer der bei Cross Cult erschienenen Hardcover Ausgabe gestürzt.

Schnell war klar: Die beiden Geschichten haben zwar das Genre gemeinsam, unterscheiden sich aber in Ausstattung, Anspruch und anvisiertem Leserkreis deutlich.
Sprachlich sind die Bände sehr gelungen. Sie schaffen es den Spagat zwischen stoffgerechter Sprache und verständlichem Deutsch ohne allzu schwulstigen Überhang zu realiseren. Die Zeichnungen sind für sich genommen sehr anmutig geraten, lassen aus meiner Sicht aber teilweise den Bezug zum Text vermissen und sind mir nicht eingängig genug. Die Details, die mit der Handlung zu tun haben, treten für meinen Geschmack zu oft hinter gemäldeartigen Klischeedarstellungen zurück. Immerhin sind die männlichen Figuren realistisch (und nicht überzogen muskelbepackt) dargestellt. Bei den weiblichen Figuren scheint dem Zeichner allerdings die Phantasie etwas durchgegangen zu sein.

Größtes Manko aus meiner Sicht ist allerdings die Handlungslinie, die allzu oft eine Dramaturgie vermissen lässt und vor allem am Ende einfach nicht abgeschlossen wurde. Da müssen dann etliche Textseiten das Ende der Geschichte erzählen – für mich unbefriedigend für eine abgeschlossene Ausgabe. Positiv hervorzuheben sind nach Kapiteln eingestreute mehrseitige Informationstexte, die nicht trocken, sondern oft etwas kauzig geraten sind, dafür aber manchmal die nötige Objektivität vermissen lassen.

Insgesamt eine verbesserungsfähige Ausgabe, die mich persönlich leider nicht vom Hocker gerissen hat, obwohl sie qualitativ absolut hochwertig ausgestattet ist. Der Preis ist im Vergleich zu anderen Graphic Novels dafür noch moderat zu nennen.

Alle drei Bände gibt es als schöne Hardcover-Ausgabe:
Dietrich von Bern 1: Ruhm
Dietrich von Bern 2: Verrat.
Dietrich von Bern 3: Rache

Jul 11

David Safier: Jesus liebt mich

Der Bestseller- und Drehbuchautor David Safier hat mit „Jesus liebt mich“ eine Mischung zwischen „Bridget Jones“ und „Das Leben des Brian“ vorgelegt, die sich monatelang auf der Spiegel-Bestseller-Liste hielt. Durch einen netten Zufall bekam auch ich das Buch zu lesen…

Worum geht’s?

Das weibliche Nervenbündel Marie gibt ihrem treusorgenden Freund in der Kirche das Neinwort und trifft kurz darauf einen gutaussehenden Mann mediterranen Typs, der sich Joshua nennt und behauptet Jesus zu sein. Marie verliebt sich in den stets freundlichen aber etwas weltfremd wirkenden Exoten und diese Liebe scheint erwidert zu werden. Als weitere Zutaten zu dieser romantischen Komödie gibt es noch den videosüchtigen Nerd-Freund, den Ex-Engel Gabriel, die ukrainische Ex-Nutte Swetlana (die gleichzeitig die neue Liebe ihres Vaters ist) sowie ihre psychotherapeutische Mutter und einen Schwan, der wahlweise wie George Clooney oder Alicia Keys aussieht aber in Wirklichkeit jemand ganz anderes ist.

Und – wie war’s?

So absurd die Besetzungsliste, so krude die Story. Betont gewollt „witzig“ (und damit immer ein wenig über das Ziel hinausschießend) reihen sich hier ach so spassige Dialoge und Slapstick-Szenen aneinander. Wer Bridget Jones mochte, wird hier einige deja-vu-Erlebnisse verzeichnen können. Fast könnte man meinen es wurde im großen Stil abgekupfert und das ganze noch um ein paar religiöse Zusätze erweitert. Diese kommen doch recht betulich daher. So klischeebehaftet wie die anderen Hauptakteure auftauchen wird hier auch ein schüchterner Jesus Christ Superstar in der Identitätskrise porträtiert der seinen apokalyptischen Auftrag noch mal überdenkt.

Mein Fazit: Gut für ein paar Lacher, aber sonst leider ziemliches Fast-Food. Was schön gelungen ist, ist die Integration der Comic-Zeichnenden Schwester von Marie, die immer mal wieder thematisch passende Bildfolgen einstreut.

„Jesus liebt mich“ gibt es als Gebundene Ausgabe, Taschenbuch und als Hörbuch.

Mai 29

Art Spiegelman: Die vollständige Maus

Durch ein Geschenk bin ich an „Die vollständige Maus“ von Art Spiegelman gekommen, die sich aus „Maus I: Mein Vater kotzt Geschichte aus“ und „Maus II: Und hier begann mein Unglück“ zusammen setzt.

Worum geht’s?
Arts Vater ist ein Überlebender des Holocausts und lebt als Rentner in den USA. Autobiographisch schildert Art den Umgang mit seinem gealterten Vater, dessen Leben nach wie vor von seinen Kriegserfahrungen geprägt ist. In einem ständigen Wechsel zwischen langen Dialogen in der Jetzt-Zeit und erzählerischen Rückblenden des Vaters entsteht ein ebenso komplexes wie umfangreiches Bild der Geschehnisse und der Zusammenhänge mit der Gegenwart. Eine Besonderheit in der Bildsprache des Bandes ist, dass Juden als Mäuse, Deutsche als Katzen und Polen (Arts Vater war polnischer Jude) als Schweine dargestellt sind. So erklärt sich auch der Titel der Bände und einige sprachliche Besonderheiten (wie „Mauschwitz“ für Auschwitz).

Und – wie war’s?
Für Maus erhielt Spiegelman 1992 als erster Comic-Autor den Pulitzerpreis. Und das aus meiner Sicht vollkommen zu Recht. Hier stimmt einfach alles. Die Ausdrucksform und die Dramaturgie schafft einen ganz neuen Zugang zum Thema. Die Zeichnungen selbst sind relativ primitiv aber treffend. Und wer genau hinsieht, erkennt auch interessante Details. So geben sich die flüchtenden Juden stellenweise als Polen aus, in diesen Momenten tragen sie eine Schweinemaske (da die Polen im Comic als Schweine dargestellt werden). Gut gefällt mir auch, dass der Autor sehr viel persönliches preis gibt. So zeigt er seine eigenen Ängste und Unzulänglichkeiten im Umgang mit seinem schwierigen Vater und thematisiert auch dessen Hass auf Farbige, den Art gerade vor dem Hintergrund, dass sein Vater selbst Opfer von Rassismus war nicht nachvollziehen kann.

Die vollständige Maus“ gibt es als Paperback vergleichsweise günstig.

Und noch ein Tipp: Mit Glück kann man bei der Bundeszentrale für Politische Bildung den Band für eine Schutzgebühr von 4 Euro bekommen.

Dez 18

Pascal Croci: Auschwitz

Der in Frankreich lebende Zeichner Pascal Croci (der übrigens weder im deutschen noch im englischen Wikipedia einen Artikel hat!) hat sich eines heiklen Themas angenommen: „die erste realistische Graphic Novel über die Shoah beruhend auf den Aussagen von Überlebenden des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau.

Worum geht’s?
Eingebettet in eine kurze Rahmenhandlung, spielend während des Jugoslawien-Krieges (die ich ehrlich gesagt einfach nicht verstanden habe) erzählt ein Paar das Auschwitz überlebt hat sich gegenseitig in einer langen Rückblende die Dinge aus der KZ-Zeit, die es sich bisher noch nicht anvertraut hat. Dabei werden das ganze Ausmaß des Vernichtungslagers und die dahinter stehenden menschlichen Tragödien plastisch und eindrücklich mit den Mitteln einer Graphic Novel dargestellt.

Und – wie war’s
Das Anliegen des Zeichners ist sehr ambitioniert und weckt hohe Erwartungen. Andererseits hat man natürlich durch die Vielzahl an Filmen zum Thema schon sehr starke visuelle Vorprägungen. Croci geht im Interview-Teil zum Schluß auch explizit darauf ein, dass ihn gerade „Schindler’s Liste“ sehr geprägt hat. Die Frage ist, was eine Graphic Novel da noch an Mehrwert bieten kann. In „Auschwitz“ transportiert das Medium vor allem eine Stimmung: Alle Augen sind riesig, hohl und vom Schrecken gezeichnet. Alle Gesichter wirken geisterhaft. Die schwarz-weißen Zeichnungen und teilweise übertrieben dargestellten Charaktere tragen ihren Teil dazu bei, dass einen dieses Buch nicht kalt lässt aber leider – im Gegensatz zum Beispiel zum zitierten Film – auch unwirklich wirkt. Das ist schade, denn es rückt dieses sehr reale Geschehen dem Reich der Phantasie näher und das ist sicher nicht die Absicht des Zeichners.

Sehr interessant fand ich den langen Interview-Teil am Ende des Buches. Croci wirkt dort leider sehr verbissen und unversöhnlich (wohl stark unter dem Eindruck des Schrecklichen). In der Absprache mit den Zeitzeugen wird deutlich das hier kleine Details wichtig werden. So drohten seine Interviewpartner die Zusammenarbeit aufzukündigen, weil er ihre Mützen im Comic falsch dargestellt habe (was seiner Aussage nach daran liegt, dass er sie nicht anders zeichnen konnte). Allein das macht schon deutlich, wie nachhaltig diese menschliche Grenzerfahrung die Überlebenden bis heute prägt.

„Auschwitz“ gibt es als Gebundene Ausgabe

Sep 17

Joe Sacco: Palästina

Der Zeichner und Autor Joe Sacco hat mit seinem in den 90er Jahren entstandenen Werk Palästina Comic-Geschichte geschrieben: Es gilt als erstes Werk des Comic-Journalismus.

Worum geht’s
In einigen Reisen in den Jahren 1991/92 besuchte Joe Sacco diverse Städte im Westjordanland und Israel. Er lebte tageweise mit Palästinensern und liess sich von ihnen und ihren Bekannten deren persönliche Geschichten zum Palästina-Konflikt erzählen. Dabei geht es um willkürliche Schikanen, die Vertreibung von Palästinensern nach und während der Gründung des Staates Israel, um das Leben in Flüchtlingslagern und Verhöre in israelischen Polizeistationen. Gegen Ende des Buches diskutiert Sacco auch mit zwei israelischen Frauen und stellt deren Einschätzungen zum Konflikt dar.

Zuerst erschienen die Geschichten in mehreren Mini-Serien, wurden später aber zu einem mit Preisen ausgezeichneten Buch zusammen gefasst.

Und – wie war’s?
Das Medium ist sehr gut gewählt. In perfekten Schwarz-Weiß-Zeichnungen schafft es Sacco die Erzählungen der Gastgeber zum Leben zu erwecken und zeichnet so ein (düsteres) Bild der Unterdrückung und weitgehenden Hoffnungslosigkeit. So eindrücklich wäre es in Prosa kaum zu schaffen gewesen. Dabei zeigt sich der Autor selbstironisch, wenn auch manchmal etwas zu gewollt witzig.

Inhaltlich fällt auf, dass das Buch sehr einseitig ist – eben ein persönlicher Erfahrungsbericht. Analysen zur Ursache des Konflikts fehlen ebenso wie ein echtes Hinterfragen der Geschichten oder gar Lösungsansätze. Trotzdem ein wichtiger Beitrag zur Debatte. Und überaus interessant zu lesen noch dazu.

Mai 18

Daniel Hulet: Extra Muros

Der dreibändige Zyklus „Extra Muros“ von Daniel Hulet erinnert von der Story her an „Das Labyrinth„: Tempel, ein altes Geheimnis, ein über Jahrhunderte betroffenes Dorf… Angesiedelt auf mehreren Zeitebenen, viele Fährten legend, leicht morbide und mit den Hauptzutaten Mystery und Fantasy übernimmt sich der – gut gezeichnete – Comic meiner Meinung nach. Die Bände haben jeweils knapp unter 50 Seiten und das ist einfach zu wenig, um die Charaktere sinnvoll zu „zeichnen“ und die Handlungsstränge gut rüberzubringen. Das Ende lässt den Leser mit vielen Fragezeichen zurück. Das regt natürlich einerseits die Phantasie an, ist aber andererseits auch auf „Zu viele Ideen, zu wenig Seiten“ zurückzuführen.

Extra Muros: Band 1 „Die Teufelskralle“ gibt es gebraucht als Gebundene Ausgabe.
Extra Muros: Band 2 „Der Tanz der Wasserspeier“ gibt es gebraucht als Gebundene Ausgabe.
Extra Muros: Band 3 „Der Zauberlehrling“ gibt es gebraucht als Gebundene Ausgabe.

Mai 16

Brian K. Vaughan/Niko Henrichon: Die Löwen von Bagdad

Während des Golfkriegs entkamen 4 Löwen nach einem Bombenangriff kurzzeitig aus dem Zoo von Bagdad. Diese Graphic Novel erzählt, was sich dabei abgespielt haben könnte.
Die graphische Gestaltung ist sehr gut gelungen – kraftvolle Farben, eindeutige Striche und stimmungsvolle Bilder. Die Story hinkt dem leider etwas hinterher. Allzu menschlich verhalten sich die Tiere und nach Informationen über die Situation im zerstörten Bagdad sucht man vergeblich (selbst wenn sich die Erlebnisse der Löwen natürlich allegorisch deuten lassen).

Mein Fazit: Mit knapp 17 Euro für 136 Seiten viel zu teuer – in ca. 30 Minuten ist man durch.

Mai 11

Olivier Ka/Alfred: Warum ich Pater Pierre getötet habe

Worum geht’s?
In der 2008 auf Deutsch erschienenen autobiographischen Graphic Novel „Warum ich Pater Pierre getötet habe“ schildert der Autor seine Kindheit in einer sehr freizügigen aber letztlich zerbrochenen Familie, seine Freundschaft zu einem erfrischend anderen freundlichen Priester und wie dieser ihm während eines Zeltlagers einmal viel zu nahe kommt. Nach dem Mißbrauch einigen sich beide, Schweigen über der Sache walten zu lassen und alles scheint in Ordnung. Olivier verdrängt sehr gut, merkt aber nach vielen Jahren, dass er das Erlebte nicht abschütteln kann und es irgendwie aufarbeiten muss. Er entscheidet sich dafür, dies im Rahmen eines Comics zu tun. Und dann fährt er mit seinem Illustrator erneut an den Ort des Geschehens…

Und – wie war’s?
Priester und Mißbrauch, das scheint – wenn man den Nachrichten glaubt – ein schon fast unausweichliches Wortpaar. Aber diese Geschichte ist anders. Sowohl von ihrem Beginn her, als auch von ihrem Ende. Und sie ist sehr gut gezeichnet und erzählt. Die Zeichnungen passen sich stilistisch den unterschiedlichen Lebensphasen und Befindlichkeiten des Autors an. Sowohl echte Zeichnungen, als auch (leicht verfremdete) Videobilder sind eingebaut und lassen den Leser mitleben. Am Ende steht die Hoffnung, dass der Autor jetzt seinen Frieden finden könnte.

„Warum ich Pater Pierre getötet habe“ gibt es derzeit nur als gebundene Ausgabe für 16 Euro. Bei 111 Seiten ist das ein stolzer Preis.

Mai 02

Griffo/Van Hamme: Das verbotene Glück

Ursprünglich als Fernsehproduktion geplant, wurde die düstere Zukunftsvision „Das verbotene Glück“ von van Hamme als Comic adaptiert und von Griffo umgesetzt. In der 2002 erschienenen Gesamtausgabe werden auf gut 170 Seiten die einzelnen Bände zusammen geführt und es gibt sowohl eine Einführung der beiden Autoren als auch eine kritische Würdigung „20 Jahre danach“ am Ende.

Worum geht’s?
Die Welt, die van Hamme schildert stinkt. Neben allgemeiner großer Arbeitslosigkeit hat sich ein allzu übereifriger Staat breit gemacht, der so ziemlich alles regelt, was das Leben seiner Bürger ausmacht. Ohne die Zwangsmitgliedschaft in der mächtigen Nationalen Krankenkasse (für einen Großteil des Gehalts) gibt es keinerlei medizinische Versorgung. Wer Mitglied ist bekommt alles vorgeschrieben von der Ernährung über die Rationierung von Zigaretten bis zum Zwangsbesuch von Gymnastikkursen. Ferien gibt es nur in Nationalen Ferienzentren, bei denen der Alltag streng durchgestylt ist und auch der Zeitpunkt zu Beginn des Jahres durch die Behörde festgelegt wird. „Ausbrecher“ werden mit Hunden verfolgt und terrorisiert. Ohne die Universelle Datenkarte geht gar nichts mehr: Sie dient als Ausweis, Geburtsurkunde und Zahlungsmittel. Als der Erfinder dieser Datenkarte durch eine Manipulation seine Identität verliert, bemerkt er, was er angerichtet hat. Die Anzahl der Kinder ist streng begrenzt und Illegs (Illegal Geborene) werden in Lager gesteckt, während ihre Eltern ins Gefängnis müssen. Künstler dürfen nur als staatlich angestellte (und entsprechend überwachte) Berufskünstler publizieren. Doch im Untergrund bereitet sich eine Revolutionstruppe auf den Sturz der Machthaber vor…

Und – wie war’s?
Die einzelnen Geschichten wirken zunächst unabhängig, fügen sich aber am Ende nahtlos in ein großes Ganzes und enden mit einem Knalleffekt, den ich hier nicht verraten möchte. Die Zeichnungen sind nicht übermäßig ästhetisch (vor allem die Köpfe der Figuren gefallen mir nicht), aber extrem detaillgenau. Die veröffentlichten Vorzeichnungen zu einzelnen Bildern sehen sehr gut aus. Wahrscheinlich würden sie mir durchgängig sogar besser gefallen als die colorierten Fassungen.
Die Stimmung des Comics ist naturgemäß ziemlich düster, aber in sich stimmig und das Medium passt sehr gut zum Stoff.

Die Gesamtausgabe von „Das verbotene Glück“ (Originaltitel: S.O.S. bonheur) gibt es als Gebundene Fassung.

Apr 29

Comiczeit: „Die Sache mit Sorge“ und „Blankets“

Seit einigen Wochen bin ich Mitglied der örtlichen Stadtbücherei. Ein wichtiger Grund für mich war die große Auswahl an Comics, die ich bereits seit längerem dort durch das Schaufenster bewunderte. Moderne Graphic Novels haben mit Donald Duck noch ungefähr so viel zu tun ein VW Phaeton mit einem R 4. Ich bin seit langem sehr begeistert von den großen Ausdrucksmöglichkeiten, die Comics bieten. Allerdings sind mir die Preise für die Anschaffung deutlich zu teuer im Verhältnis zur Zeit, die ich zum Lesen brauche. Klar hat das aufgrund des qualitativ hochwertigen Drucks seinen Grund aber ohne die gute alte Stadtbibliothek könnte ich deutlich weniger der Neunten Kunst frönen.

In letzter Zeit habe ich zwei Graphic Novels gelesen, über die ich kurz berichten möchte:

Die Sache mit Sorge
Untertitel „Stalins Spion in Tokio“ schildert die letzten Lebensjahre von Richard Sorge, einem russischen Spion, der in Tokio tätig war und Stalin unter anderem den Angriff Deutschlands auf Russland vorhersagte. Da Stalin dies offensichtlich ignorierte wurde diese Sache lange Zeit totgeschwiegen, Sorge jedoch unter anderem in der DDR zum Helden stilisiert.
Mit relativ klassichen Schwarz-Weiß-Zeichnungen lässt die vielfach ausgezeichnete Künstlerin Isabel Kreitz sowohl den frustrierten Spion, als auch einige andere Akteure aus der Tokioter Zeit zu Wort kommen. „Die Sache mit Sorge“ kostet 19,90 und hat 253 Seiten, die man aber an 1-2 Tagen gut lesen kann.

Blankets
Die Geschichte von Blankets ist gleichzeitig auch ein Teil der Geschichte von Craig Thompson selbst, der in der Provinz in Michigan aufwächst und durch die Bekanntschaft mit Raina zwei unvergessliche Wochen verlebt, die sein weiteres Leben beeinflussen. Der Künstler nutzt hier alle Möglichkeiten des Mediums aus und erzählt mit Worten und Bildern eine stimmungsgeladene poetische Geschichte, die gleichzeitig deprimierend, voller Lebensfreude und hoffnungsvoll ist. Die strikte Reihenfolge von Comic Strips wird zeitweilig außer Kraft gesetzt, die Anordnung von Bildern auf der Seite trägt mit zum Erzählstil bei. Wortgewaltige Seiten wechseln sich mit reinen Zeichnungen ab. Wer genau hinsieht kann auf jeder Seite winzige Details entdecken, die einfach stimmig wirken. Schriftarten und Schwärzegrad der 582 s/w-Seiten korrespondieren mit der Aussage. Kein Wunder, dass Blankets 2005 auf der Leipziger Buchmesse „Comic des Jahres“ wurde…
Blankets“ gibt es auch als Taschenbuch leider nur für über 30 Euro…