Aug 05

Ecclestone & Co: Wer bietet mehr?

Der Fall Uli Hoeneß hatte eigentlich meinen Glauben an ein gerechtes Justizwesen gestärkt in dem keiner – auch kein „Geldadel“ – gleicher ist als der andere. Aber vielleicht hängt es ja doch nur von der Höhe der Summe ab?

Heribert Prantl von der SZ bringt es auf den Punkt: „Zahlt der Täter genug Geld ist die Sache aus der Welt“ scheint ein neuer (oder doch nur neu aufgewärmter) Rechtsgrundsatz zu werden. Der Vergleich mit dem Ablaßhandel ist gar nicht so weit hergeholt. Nur die Reformation wird vermutlich ausbleiben, da es keine Nebenjustiz geben kann. In der FAZ ist der Inhalt des – umstrittenen – Paragraphen der solche Deals erlaubt gut zusammengefasst. Das absurde hierbei ist, dass einerseits

„die Auflagen “ [in diesem Fall die Geldzahlung] “ geeignet sein müssen, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und dass die Schwere der Schuld dem nicht entgegensteht.“

– beides Dinge, die ich im Fall Ecclestone und ähnlich gelagerten Fällen deutlich anzweifeln würde – und andererseits gilt:

„Wenn ein Gericht nach Eröffnung des Hauptverfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten ein Verfahren gegen Auflagen einstellt, ist dieser Beschluß nicht anfechtbar und damit rechtskräftig.“

Unabhängigkeit der Justiz ist eine feine und ehrenwerte Sache. Aber für solche Deals wünscht man sich eine strukturiertere Kontrollinstanz, als sie ein „Volkszorn“ sein kann.

Und was ich noch nie verstanden habe: Wie kann es sein, dass bei Delikten wie Betrug, Bestechung oder Steuerhinterziehung die Strafe oftmals ausgerechnet finanzieller Natur ist. Bei solchen Delikten sollten in allen nicht minder schweren Fällen meiner Meinung ausschließlich andere Strafformen (also Freiheitsentzug, Entzug von Möglichkeiten zur Ausübung von Ämtern etc.) zum Einsatz kommen. Denn Geld gegen Geld aufzuwiegen hat hier kaum abschreckende Wirkung. Dafür ist die Rechnung für die Täter zu einfach.

Jun 02

Wahlfreiheit und Wahrheit (kostenlose Nachhilfe für die FDP)

Fast hätte ich beim Autofahren einen Unfall gebaut, als ich im Radio unseren Bundesgesundheitsminister auf dem Ärztetag darüber reden hörte, dass er eine Bürgerversicherung ablehne und stattdessen die aktuelle „Wahlfreiheit“ der Versicherten beibehalten möchte. Hallo? 70 Millionen Menschen in Deutschland sind Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung. Davon sind die meisten sogenannte „Pflichtversicherte“ und nur ein relativ geringer Anteil zählt zu den „freiwillig gesetzlich krankenversicherten“. Es gibt einige gute Gründe, sich nicht privat krankenzuversichern. Unter anderem

  • wenn man eine große Familie hat (weil die Familienangehörigen im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung nicht mitversichert sind)
  • wenn man chronisch krank ist, bevor man sich um eine private Krankenversicherung bewirbt (weil sich diese das dann mit einem hohen Risikoaufschlag bezahlen lässt oder schlicht ablehnt)
  • wenn unklar ist, ob das eigene Einkommen dauerhaft über der Versicherungspflichtgrenze liegen wird (weil der Beitrag gleich bleibt, auch wenn man arbeitslos wird oder kein eigenes Einkommen mehr hat)

Insgesamt bleibt aber klar festzustellen, dass die Zweiteilung in eine private und eine gesetzliche Krankenversicherung die soziale Ungleichheit in Deutschland massiv befördert. Ausgerechnet denjenigen, die gesund und begütert sind wird mehr Leistung für weniger Geld angeboten, denn die private Krankenversicherung ist (zumindest wenn man früh einsteigt) wesentlich günstiger als die gesetzliche Krankenversicherung, wenn man die Versicherungspflichtgrenze überschritten hat (und vorher muss man sich ja gesetzlich versichern). Das heißt, wer

  • chronisch krank ist (oder auch nur ein erhöhtes Risiko dafür hat)
  • normal oder wenig verdient (was nicht selten eine Folge von Krankheit oder sozialer Herkunft ist)

darf sich überhaupt nicht privat krankenversichern. Für diese Personen – und deren Unterstützung wäre eigentlich Aufgabe der Politik – wäre die Einführung einer Bürgerversicherung auf jeden Fall ein Gewinn, weil sich die besser und (unverschämt) gut verdienenden gemessen an ihren finanziellen Möglichkeiten beteiligen würden und die Schlechterstellung der gesetzlich versicherten aufgehoben würde. Verlierer einer Bürgerversicherung wären neben den „Besserverdienenden“ natürlich auch die privaten Krankenversicherungen, die sich nicht mehr die Rosinen der Versicherten herauspicken könnten, sondern mit den gleichen Risiken leben müssten wie es die vielgescholtenen gesetzlichen Krankenversicherungen schon lange tun.

Wenn Daniel Bahr also von „Wahlfreiheit“ spricht, dann kann er trotz hübsch gelb-blauer Webseiten eigentlich nur seine eigene bzw. die der klischeehaften FDP-Klientel meinen.

Schade, dass auch die anderen Parteien dieses Thema nicht ernsthaft zur Diskussion stellen.