Okt 12

Ted Dekker: Red

Untertitel: Der Tod des Meisters (Original: „Red: The Heroic Rescue“)

Gerade (auf deutsch) frisch erschienen: Der zweite Band der Circle-Triologie.

Worum geht’s?
Der erste Band (Black: Die Geburt des Bösen) endete mit dem Ausbruch bzw. der Freisetzung des Raison-Virus. Der zweite Band spielt erfreulicherweise mehr in der Fantasy-Welt als in der Realität. Thomas Hunter (die Hauptfigur aus dem ersten Band) ist innerhalb von 15 Jahren zum Helden der Wälder und dem Anführer der „Wächter des Waldes“ herangereift. Mit seiner Frau Rachelle hat er 2 Kinder. Bedroht werden die Wälder durch die „Wüstenmenschen“, die in letzter Zeit durch einen neuen General immer bedrohlicher werden. Und dann ist da noch der undurchsichtige Justin, der die Kampfmoral der Wächter des Waldes erheblich reduziert und offensichtlich versucht die Waldbewohner an die Wüstenbewohner zu verraten.
Durch die in der Fantasy-Welt erworbenen Fähigkeiten ist Thomas jetzt auch in der Realität besser dafür ausgerüstet, sich dem Kampf gegen die Terrorgruppe „Neues Bündnis“ zu stellen. Die Verbindungen zwischen hier und dort werden im Laufe des Buches immer vielseitiger und komplexer.

Kritikpunkte
Noch etwas nerviger als im ersten Teil wird die subjektive amerikanische Sichtweise der Weltpolitik deutlich. Der amerikanische Präsident ist die einzige weltpolitische Autorität, auf die es ankommt, alle andere sind Statisten oder Bösewichter. Diese Passagen muss man einfach überlesen oder man wird nicht glücklich. Ein weiterer Kritikpunkt ist die mangelnde Transparenz wie die Verbindung zwischen den Welten jetzt tatsächlich funktioniert und was die Gesetzmäßigkeiten dafür sind.

Positives
Die Wächter des Waldes erinnern (wahrscheinlich nicht von ungefähr) an die Reiter von Rohan aus dem Herrn der Ringe. Die Story gewinnt gegenüber dem ersten Band deutlich an Tiefe. Die entworfene Welt stellt eine deutliche Neuerung gegenüber derjenigen aus „Black“ dar, baut also nur bedingt auf dieser auf. Die Charaktere werden unterschiedlich stark akzentuiert, vor allem der des Justin ist gut gelungen.

Fazit
Ted Dekker hat sich nicht zurückgelehnt und die Versatzstücke des ersten Teils genommen um sich darauf auszuruhen, sondern sich tatsächlich die Arbeit gemacht die meisten Orte und Personen neu zu erfinden, einige Figuren zurücktreten und andere neu aufblühen zu lassen. Der schwierige Part das mittlere von 3 Büchern zu schreiben ist ihm damit gut gelungen. Ich bin schon sehr gespannt auf den dritten Teil auf den man in Deutschland leider noch bis zum Frühjahr 2008 warten muss…

Neben der bereits erwähnten extrem umfangreichen englischen Seite www.teddekker.com gibt es mittlerweile mit www.ted-dekker.de auch ein deutsches Pendant. Aufwändig angelegt, aber leider bisher recht lieblos gefüllt und kein Vergleich zum Original – aber da die Seite erst seit kurzem (9. Oktober!) online ist, kann das ja noch werden!

Red – der Tod des Meisters“ und „Red: The Heroic Rescue“ sind bei Amazon erhältlich.

Sep 26

Ted Dekker: Black

Untertitel: „Die Geburt des Bösen“
Originaltitel: „Black. The Birth of Evil. The Circle. Book One.“

Ted Dekker war für mich zunächst ein gänzlich unbekannter Name. Nach ein bißchen Recherche stellt sich allerdings heraus, dass er ca. 1,7 mio Bücher weltweit verkauft hat… Unter anderem hat er auch ein Buch zusammen mit Frank E. Peretti geschrieben. Nun also „Black“ als erster Band einer Triologie.

Worum geht’s?
Thomas Hunter lebt parallel in zwei Welten – 2010 in der Welt wie wir sie kennen mit dem kleinen aber nicht unwichtigen Unterschied, dass sie in diesem Buch vor einer großen Katastrophe steht und in einer Welt, in der es eine klare Trennung zwischen Gut und Böse gibt. Immer wenn er einschläft, wechselt er seinen Aufenthaltsort und kann Wissen und Fähigkeiten, die er in einer der Welten erworben hat, in die jeweils andere mitnehmen. So erfährt er von der bevorstehenden Katastrophe und versucht diese zu verhindern. Dabei bleibt unklar, ob es sich um eine selbsterfüllende Prophezeiung handelt, sprich ob die Katastrophe ohne ihn ebenfalls seinen Lauf nehmen würde. Es gibt viele Parallelen zwischen den beiden Welten: Personen aus der einen scheinen in veränderter Form in der anderen Welt ebenfalls vorzukommen. Besonders verwirrend, als er sich in der einen Welt verliebt und in der anderen Welt eine scheinbare Entsprechung findet.
In der Fantasy-Welt (die dummerweise keinen Namen hat) wird in allegorischer Form die Geschichte des Paradieses und des Sündenfalles erzählt und durchlebt. Dabei werden sowohl für den paradiesischen Zustand, die Verführung und die Folgen derselben gute Allegorien gefunden.

Und wie war’s?
Das Buch hat Anlaufschwierigkeiten. Ich bin mit sehr hohen Erwartungen herangegangen und war am Anfang etwas enttäuscht. Der Nicht-Fantasy-Teil der Geschichte ist meiner Meinung nach zu platt und nicht glaubhaft genug. Die Hauptfigur erscheint mir an manchen Stellen ziemlich blöde. Trotzdem ein gutes Buch! Der Fantasy-Teil ist gut gelungen. Und ich bin schon gespannt auf den zweiten Band.
Sprachlich hält Ted Dekker auf jeden Fall mit Dan Brown und Frank Schätzing mit. Dramaturgisch könnte er noch etwas von den beiden lernen. Zu den besten Szenen gehören für mich die subtilen Verführungsversuche der dunklen Seite, z. B.:

„Nein, ich kann deine Frucht nicht essen.“
„Dann willst du also die Wahrheit nicht?“
„Ja, aber…“
„Ist es verboten die Frucht zu essen?“
„Nein“
„Natürlich nicht. Wenn es schädlich wäre diese Frucht zu essen, hätte Eljon es verboten. Aber es ist nicht schädlich, deshalb ist es auch nicht verboten. Es steckt nur Wissen und Macht darin. Nimm.“
Tanis warf einen Blick zurück auf den bunten Wald. Was die Fledermaus gesagt hatte, stimmte. Es war nicht schädlich die Fruch zu essen. In ihr war nichts Böses. Es war nicht verboten.
„Nur einen Bissen“, sagte Taleh. „Wenn du dann entdeckst, dass ich nicht die Wahrheit gesagt habe, lässt du es. Aber du bist es dir schuldig, es zumindest zu versuchen. Findest du nicht auch?“

Alle drei Bände sind 2004 im Viermonatsrhythmus auf englisch erschienen: Auf deutsch sind derzeit nur die ersten beiden erhältlich. Erschienen im Brendow-Verlag.

Black – Die Geburt des Bösen. Circle-Trilogie Band 1“ und „Black, English edition (Taschenbuch)“ gibt es bei Amazon.

Flash-Webseite zur Triologie: www.thecircletrilogy.com. Dort kann man auch gleich die Graphic Novels zu den Büchern sehen – wow!

Sep 19

Jakob Friedrichs: Jakob bleibt dran!

Untertitel „Theologische Taktlosigkeiten und komisch-kontroverse Kommentare eines Ex-Kolumnisten“.

Jakob „Jay“ Friedrichs ist ein Teil des Duos SUPERZWEI (das sich nach über 15 Jahren nicht mehr NIMMZWEI nennen durfte). In der christlichen Zeitschrift „dran“ (das Magazin zum Selberglauben) hatte Jakob für den ungewöhnlich langen Zeitraum von viereinhalb Jahren eine Kolumne, die ein Stück Geschichte geschrieben hat. Nicht nur der Titel hat sich öfters geändert: Von „Jakobs Meinung“ (wurde von der Firma Jacobs Kaffee unterbunden, da die Aufmachung an das Logo von Jacobs Krönung erinnerte) über „Jakobs Erleuchtung“ bis zu „Ein Tag im Leben des Jakob F.“. Das wirklich spannende war eigentlich, dass Jakob Friedrichs in der Zeit seiner Kolumnen einen großen geistlichen Wandel mit- und durchgemacht hat. Mit seiner Gemeinde, die ihn lange gepusht hatte überwarf er sich in dieser Zeit, da diese ihn aus seiner Sicht fallen ließ, als er „nicht mehr funktionierte“. Tiefe Glaubenszweifel und gleichzeitig der unbedingte Wille ein authentisches Christsein zu leben haben ihn umgetrieben und der Leser war praktisch „live“ dabei. Gerne liess er es auch mal so richtig krachen und packte kontrovers diskutierte Themen ohne Rücksicht auf Verluste an, hatte aber leider oft unter der redaktionellen Überarbeitung zu leiden. Seine Kolumne war für viele das erste, was sie in der dran gelesen haben und die Leserbriefschlachten dazu waren geradezu legendär.
Das Buch „Jakob bleibt dran!“ stellt 34 dieser 57 Kolumnen dar. Nicht chronologisch und teilweise auch nicht in der „entschärften“ Version. Man kann die Texte in Ruhe auf sich wirken lassen, beziehungsweise sich von ihnen herausfordern lassen. Denn eines geht ziemlich sicher nicht: diese Kolumnen lesen und danach so weiter machen wie bisher. Die Texte sind klar darauf ausgelegt zu polarisieren und sorgen dafür, dass man über einige Dinge noch mal ganz neu nachdenkt. Dafür großer Respekt!
Als Bonus gibt es noch einen kleinen selbstverfassten Steckbrief und ein mehrseitiges Interview. Leider alles etwas zu kurz. Ich hätte gerne alle Kolumnen und noch mehr Hintergrundinfos gehabt. Das Buch ist von 2003. SUPERZWEI feiert dieses Jahr ihr 20jähriges Jubiläum und man darf gespannt sein, ob der im Interview angekündigte Thriller tatsächlich noch mal erscheint.

Jakob bleibt dran!“ gibt es bei Amazon.

Sep 13

Bernhard Finkbeiner/Hans-Jörg Brekle/Tino Heeg: Frag Vati

Denke ich an meinen Vater, denke ich an geballte Kompetenz in allen Lebenslagen. Der Untertitel „Das Nachschlagewerk für alle Lebenslagen“ suggeriert, dass in diesem Büchlein (denn mit 212 locker bedruckten Seiten ist es nun wirklich nicht dick) eben diese Kompetenz zum Nachschlagen käuflich zu erwerben sei. Angestachelt vom kommerziellen Erfolg des Vorgängers „Frag Mutti“ wurde hier meiner Meinung nach recht hastig ein alles andere als fertiges Buch auf den Markt geworfen, das seinem Anspruch nicht annähernd gerecht wird. Warum eigentlich?

1. Gut ein Drittel der Tipps sind reine Spass-Tipps, die bei mir maximal ein müdes Grinsen erzeugen, aber hauptsächlich Papierverschwendung sind

2. Die wenigen Tipps sind jeweils noch kommentiert von „der Jury“. Offensichtlich irgendwelchen Leuten mit deutlich zu viel Zeit. Leider auch redaktionell nur bedingt überarbeitet

3. An genau den Stellen, wo Vatis Rat von Nöten wäre schweigt das Buch. Zum Beispiel beim Thema Autokauf – da wird geraten jemanden mitzunehmen der sich damit auskennt. Super. Das wäre zum Beispiel …. Vati. Oh Wunder. Eigentlich wollte ich zum Beispiel genau das von diesem Buch wissen. Kommt wohl auch daher, dass auf dem Cover ein Auto abgebildet ist.

4. Viele Themen betreffen Dinge, bei denen ich ganz sicher nicht von meinem Vater eine Antwort erwarten würde. Gegen Ende des Buches geht es unter anderem um Kochrezepte (da war wohl noch was von Frag Mutti übrig…) und um Hochzeitsvorbereitungen (bei denen man in der Regel auch ohne elterliche Hilfe auskommen sollte)

Also an dieser Stelle keine Empfehlung. Das Buch ist hauptsächlich für den Eimer. Leider. Besser ist da der Besuch der Webseite der Autoren: www.frag-vati.de. Da gibt es das ganze kostenlos ohne nervige Rahmengeschichte und sogar noch mehr Tipps.

Sep 13

Gayle Linds: The Last Spymaster

Der Spionagethriller gehört ja zu den mehrfach totgesagten Genres. Gayle Lynds, ihres Zeichens Mitgründerin von International Thriller Writers, Inc gehört mittlerweile zu den ganz großen Fischen in diesem Gewässer. Neben mehreren eigenen Büchern hat Sie auch zusammen mit Robert Ludlum drei Bände verfasst.

Lynds Thriller „The Last Spymaster“ ist gedrucktes Actionkino, aber schön der Reihe nach:

Die Story
Jay Tice war das große As der CIA – bis herauskam, dass er ein Verräter war. Seitdem sitzt er in einem Hochsicherheitsgefängnis ein. Nur eines Tages ist seine Zelle leer und Elaine Cunningham, eine in Ungnade gefallene Jägerin wird reaktiviert und auf seine Fährte gesetzt. Die wird schon bald ziemlich bleihaltig, denn es sind einige alte Rechnungen offen und ein großer Deal mit Hightech-Waffen muss verhindert werden.

Und wie war’s?
Man kann sich während des ganzen Buches vorstellen, wie es wohl als Film aussehen wird. Das macht das ganze einerseits sehr lebendig, nimmt andererseits aber die Tiefe. Das Tempo ist über die gesamte Seitenzahl sehr hoch und Zitate wie das folgende sind für mich symptomatisch für das Buch:

„Goddammit, Raina!“ he said in German. „Would you rather die from being ripped up by automatic gunfire or go fast with a nice swift splat on a brick driveway? You don’t have any fucking choice! Hurry!“

Wie gesagt – etwas hektisch das ganze. Zwischendrin gibt es viel technischen Schnickschnack über militärische Gadgets. Das Ende ist leider nicht besonders gut gelungen, aber dafür wird man ein paar Tage gut unterhalten.

The Last Spymaster“ gibt es bei Amazon auf englisch oder demnächst auch auf deutsch unter dem Titel „Spymaster„.

Sep 02

Volker Skierka: Fidel Castro

Wenn man nach Kuba fährt, muss man sich auch über das Phänomen Fidel Castro informieren dachte ich mir. Auf der Suche nach einer Biografie gab es die spannende Entdeckung, dass praktisch nur eine von einem Deutschen geschriebene Biografie gibt. Ansonsten wird der Markt von US-amerikanischen Autoren beherrscht. Gerade bei diesem Thema eigentlich eher ungünstig. Die Erstausgabe von Volker Skierkas Biografie ist auch noch relativ aktuell (2000) und so schlug ich zu.

Aus meiner Sicht durchgängig relativ neutral schildert Skierka kurz die Jugend des „Maximo Lider“ und seine Revolution ein. Die restlichen 400 der 500 Seiten sind jedoch der Zeit nach der Revolution gewidmet. Es wird deutlich wie Kuba sich zwischen Ost und West positioniert (mit deutlicher Schlagseite in Richtung Moskau, ohne dessen massive Finanzhilfe es von Anfang an kaum überlebensfähig war), wie Castro es schafft länger an der Macht zu bleiben als diverste US-amerikanische Präsidenten und wie er es nach dem Zusammenbruch von DDR und Sowjet-Union durch einen bis an die Grenze gehenden Sparkurs schafft wirtschaftlich unabhängig zu werden. Sowohl seine Rolle im Kampf zwischen den Großmächten (im Rahmen der Kuba-Kriese schrieb er dem sowjetischen Präsidenten einen Brief, den man nur so interpretieren kann, dass er ihm einen nuklearen Erstschlag nahe legte), als auch die Rolle der USA (die ihn jahrelang erfolglos versuchten umzubringen und die ihn mit deutlich rigideren Wirtschaftssanktionen als gegen den Irak oder Iran von Anfang an loswerden wollten) kommen zur Sprache.

Überhaupt Castro und die USA: Das Buch fängt mit einem Glückwunsch-Brief des 12 (oder 14) jährigen Castro an, der Franklin D. Roosevelt zur Wiederwahl gratuliert. Eine echte Ironie der Geschichte! Ebenso die Tatsache, dass der junge Castro ein Angebot für einen Profivertrag bei den New York Yankees ausgeschlagen hat. Das Leben vieler wäre sicher ganz anders verlaufen…

Beinahe genüsslich zeigt Skierka die ständige (Weiter-)Enwicklung Castros auf, der „sein“ Kuba mit eiserner Hand regiert, bis heute keinen legitimen Nachfolger (außer seinem 10 Jahre jüngeren Bruder) aufgebaut hat und ein Meister der dialektischen Auslegung anderer (und seiner selbst) ist. Widersprüche – die muss man nur lange genug interpretieren, bis es wieder für Fidel passt. Auch das Verhältnis zu Ernesto „Che“ Guevara wird thematisiert. Dieser verfolgt heutige Kuba-Reisende auf Schritt und Tritt. Wäre er länger am Leben geblieben, wäre die im Buch angedeutete ideologische Diskrepanz zwischen dem „Realpolitiker“ Castro und dem Hardcore-Ideologen Guevara sicher noch deutlicher hervorgetreten und es ist fraglich ob er dann ebenfalls noch die ihm derzeit entgegengebrachte massive Anerkennung genossen hätte oder den schicksalhaften Weg anderer „neben“ Castro gefolgt wäre.

Zur Sprache kommen einerseits die massiven Einschränkungen und Einschüchterungen unter denen Kubaner zu leiden haben. Diese werden jedoch meist nur angedeutet. Andererseits wird auch die massive Wirtschaftsblockade durch die USA kritisiert. Diese geht so weit, dass ein vom Autor des Buchs per UPS in Deutschland an die kubanische Botschaft zu versendender Brief mit dem Vermerk „Embargo“ nicht zugestellt wurde. Das sog. Helms-Burton-Gesetz beschneidet dabei auch die Rechte von europäischen Firmen und wurde von der UN-Vollversammlung mit 163:7 Stimmen verurteilt, aber von den USA nicht zurückgenommen.

Eher schwach fällt leider das Kapitel „Castro, Gott und der Papst“ aus. Die im Vorfeld nur sehr kurz erwähnten massiven Behinderungen von Christen (sie dürfen bis 1992 nicht in die Partei eintreten, erhalten oft aus religiösen Gründen keine Genehmigung zu studieren und werden auch sonst massiv diskriminiert) werden relativ leicht abgetan. Castros angebliche Annäherung an die Christen wird einzig und allein mit einem sich langsam verbessernden Verhältnis zur katholischen Kirche begründet. Andere christliche Konfessionen oder gar Freikirchen? Kein Wort darüber. Hat wohl auch wenig Sinn, wenn Castro bekennt: „Was wir verlangten, war die vollkommene und vollständige Zustimmung zum Marxismus-Leninismus.“ (s. 448). Ähnlich wie in der DDR wurde hier offensichtlich die soziale Sprenkraft erkannt, die in Christen steckt, das sich nicht nur mit dem privaten Zelebrieren von Riten begnügen, sondern deren Leben davon durchdrungen ist.

Obwohl das Buch erst 7 Jahre alt, haben sich schon wieder einige Dinge geändert: Der Dollar als Zahlungsmittel ist wieder verboten, die Amtsgeschäfte hat mittlerweile Raul Castro übernommen und auch sonst ist vieles im Umbruch. Trotzdem eine gute Lektüre über Fidels Kuba.

Die Biografie Fidel Castro von Volker Skierka gibt es bei Amazon.

Aug 31

Mark Winegardner: The Godfather’s Revenge

Die drei „Der Pate-Filme“ zählen zu meinen Lieblingsfilmen. Der Autor Mario Puzo hat neben dem Buch „Der Pate“ auch noch diverse andere im Umfeld der Mafia verfasst.
Über eines davon („The Sicilian„) wurde hier ja auch schon berichtet.
Der Autor Mark Winegardner hat nach Puzos Tod 2 offiziell im gleichen „Universum“ spielende Bücher veröffentlicht. Eines davon ist „The Godfather’s Revenge“. Zeitlich ist es laut einer Grafik im Buch zwischen den Filmen II und III angesiedelt. Es spielen die aus den Filmen bekannten Charaktere und einige neue Figuren eine Rolle.
Worum geht es?
Der Verräter Nick Geraci ist weiterhin auf der Flucht und versucht immer wieder Michael Corleone in die Suppe zu spucken. Dieser wiederum setzt diverse seiner Gefolgsleute auf die Fahndung an. Zusätzlich gerät Michael innerhalb der Familienoberhäupter unter Druck, da der Bruder des von ihm ursprünglich unterstützten amerikanischen Präsidenten in seinem Amt als General Attorny der Mafia den Kampf angesagt und mehrere Dons durch rabiate Aktionen vor den Kopf gestossen hat. Tom Hagen muss neben der Arbeit an der Lösung dieses Problems auch mal wieder zum Besuch beim Produzenten Jack Woltz (der jetzt nicht mehr auf Pferde steht) antreten, um die Karriere von Johnny Fontane wieder in Schwung zu bringen.
Erzählt wird nebenbei auch noch etwas darüber, wie Tom Hagen wirklich zu den Corleones kam und was er so treibt, wenn er gerade keine unabweisbaren Angebote macht. Michael kommt eher wenig vor, dafür ein paar neue wichtige Hauptfiguren.

Und – wie war’s?
Sprachlich und atmosphärisch gelingt es Winegardner an Mario Puzo anzuknüpfen. Leider heisst das auch, dessen deftige Ausdrucksweise zu übernehmen. Über weite Strecken passiert nicht übermäßig viel. Zumindest scheint es so. Hinter den Kulissen brodelt es dafür dann doch und die Bedeutung mancher Aktionen wird einem auch erst im Nachhinein bewusst. Inhaltlich sind die Parallelen zum echten Leben mit den Kennedy-Brüdern und Frank Sinatra schon fast zu überdeutlich. Natürlich ist das Buch fiktiv, aber teilweise so nah dran an den Fakten, die man über die genannten Persönlichkeiten weiß, dass es einem schon zu denken gibt. Mindestens hundert der ca. tausend Verschwörungstheorien zum Mord an JFK nennen ja auch die Mafia als einen der Mitauftragsgeber des Mordes.
Ich würde nicht sagen, dass es sehr viel Spaß gemacht hat das Buch zu lesen (dafür war es mir zu sehr mit Abartigkeiten gespickt), aber es bietet tolle Hintergrundinformationen zu den bekannten Charakteren.

The Godfather’s Revenge gibt es auf englisch oder auf deutsch bei Amazon.

Aug 16

Ken Follett: Der Mann aus St. Petersburg

Ken Follett hat eine unglaubliche Menge an erfolgreichen Büchern geschrieben. Die bekanntesten sind sicher „Die Säulen der Erde“ oder „Die Nadel“ (mit der er den internationalen Durchbruch erzielte). Umso interessanter, dass Follett in seinem Vorwort zu diesem, seinem ersten Buch explizit darauf eingeht, dass es ein ziemlicher Flop war, er sich aber sehr dadurch ermutigt fühlte, dass es ins Deutsche übersetzt wurde.

Worum geht’s?
England kurz vor dem Ausbruch des ersten Weltkrieges. Ein englischer Graf verhandelt mit einem russischen Fürsten über Unterstützung durch Russland. Ein russischer Attentäter will den Fürsten umbringen, um die Verhandlungen zum Scheitern zu bringen. Wie sich herausstellt, handelt es sich um den ehemaligen Geliebten der Frau des Grafen, die von ihren Gefühlen hin- und hergerissen nicht weiß wie sie sich verhalten soll. Um das ganze noch komplizierter zu machen, fühlt sich die Tochter der Gräfin von dem Attentäter seltsam angezogen, was ausgerechnet mit ihrer Entdeckung der menschlichen Fortpflanzung und des Programms der Frauenrechtlerinnen zusammen trifft. Chaos ist vorprogrammiert.

Und – wie war’s?
So wirr und unglaubwürdig wie der Plot klingt ist er leider auch. Ken Follett zeigt hier in seinem ersten Roman bereits alles, was er später auch immer wieder anwenden wird: Frauen im Gefühlschaos, Männer die noch echte Männer sind, historisches Hintergrundwissen, Erzählen aus ständig wechselnder Ich-Perspektive und eine gewisse Neigung zu expliziten sexuellen Darstellungen. Seine Bücher sind trotz (oder vielleicht gerade wegen) dieser spannenden, aber einfach gestrickten Mischung leicht zu lesen und für ein breites Publikum attraktiv. Wenn man aber nach jeder Einführung eines Charakters schon weiß, in welcher der 10 Ken-Follett-Schubladen sie einzuordnen ist, sollte man mal wieder eine Pause machen. Enid Blyton für Erwachsene, würde ich mal sagen.

Ken Follett: Der Mann aus St. Petersburg

Aug 14

Iain Banks: Das Spiel Azad

Schon das Cover macht deutlich, dass dieses Buch erstens einige Jahre auf dem Buckel hat und zweitens nie für einen Massenmarkt gedacht war, sondern gezielt eine Zielgruppe ansprechen soll, die auch Perry Rhodan liest (dessen Cover sehr ähnlich aussehen). Also eigentlich kein Buch, das mich im Laden sofort angesprungen hätte. Aber dank eines Kollegen konnte ich es doch mit in den Urlaub nehmen.

Worum geht’s?
Ein professioneller Spieler stellt sich der ultimativen Herausforderung: einer Kultur, die ihre Würden- und Entscheidungsträger durch ein Spiel ermittelt. Das gesamte Leben der Bewohner ist auf dieses Spiel ausgerichtet und dennoch macht er als Außenseiter eine erstaunliche gute Figur. Immer mehr durschaut er jedoch die dunklen Machenschaften des Staates, der seine Bürger unterdrückt und dessen herrschende Elite auf bizarre Weise den eigenen Vorteil sucht. Doch auch die eigene Kultur, die ihn zu diesem Spiel geschickt hat, scheint immer offensichtlicher eigene Interessen zu verfolgen. Und schließlich ist nicht von ungefähr damit zu rechnen, dass ein zu guter Spieler neben Neid auch blanken Hass in seinen Gegnern hervorruft, deren ganzes Leben sich um das „Spiel Azad“ dreht…

Und wie war es?
Anfangs war es schwer in das Buch hineinzukommen. Sehr viel wird vorausgesetzt, bzw. bewusst nicht näher erläutert. Viele Ideen sind ungewöhnlich, was gleichzeitig gut und anstrengend ist. Mit 442 Seiten kein großer Wälzer aber gehaltvoll. Ein Buch, das nach dem Lesen noch etwas nachschwingt, weil man über einige Gedanken noch etwas sinnieren muss.

Aug 01

J.K. Rowling: Harry Potter and the Deathly Hallows

Lange erwartet, rechtzeitig vorbestellt und geliefert und jetzt endlich auch fertig gelesen – der neue, letzte Harry Potter. Während der schwache Band 5 gerade im Kino läuft, konnte man sich noch mal richtig in die zauberhafte Welt der J.K. Rowling einstimmen. Doch mit einem heiteren Kinderbuch hat die Serie schon länger nichts mehr zu tun – es wird auf Leben und Tod gekämpft und viele Theorien wurden im Vorfeld gewälzt, wie es denn wohl ausgehen wird.

Die Story
Harry hat von Dumbledore gegen Ende von Band 6 einiges darüber gelernt, was er tun muss, um Lord Voldemord endgültig besiegen zu können. Doch der entfaltet bereits seine Macht, übernimmt das Ministerium und führt Gesetze gegen Muggle ein, die frappierend an die sog. Nürnberger Gesetze erinnern. Während grausame Death-Eater Sadisten die Kinder im Internat Hogwarts quälen und ein Killerkommando nach dem anderen sich auf die Jagd nach Harry und seinen Getreuen macht, zweifelt dieser immer mehr an den Motiven Dumbledores.
Das Finale wird hier natürlich nicht verraten, aber man kann sich schon leibhaftig vorstellen, wie es wohl im Kino aussehen wird.
Angenehm dabei, dass das Ende wirklich endgültig ist und sich die Autorin keine Hintertüre offen gelassen hat.

Meine Meinung
Gar nicht einfach, den millionenfachen Erwartungen gerecht zu werden und einen würdigen Abschluß für die Serie zu finden, der nicht nur altes wieder neu aufbackt, aber gleichzeitig nicht zu viel Neues bringt. Und das ist der Autorin wirklich gut gelungen. Das erste Drittel schwächelt etwas, aber dann steigt die Spannung und man möchte das Buch gar nicht mehr weglegen. Ein toller Abschluß!

Wer des englischen mächtig ist, kommt jetzt schon in den Genuß von „Harry Potter and the Deathly Hallows„, alle anderen müssen bis zum 27. Oktober auf „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ warten.