Eric T. Hansen: Planet Germany. Eine Expedition in die Heimat des Hawaii-Toasts

Ein überraschendes Geschenk dieses Buch. Komische Type auf dem Cover und eine Abhandlung über deutsche Identität – muss man sich das geben? Ja, muss man, wenn es so lustig und von Eric T. Hansen geschrieben ist!

Als ausgewanderter Hawaiianer, der sich seinen amerikanischen Nationalstolz bewahrt hat und trotzdem die liebenswerten und seltsamen Eigenarten „der Deutschen“ kennen- und offensichtlich auch lieben gelernt hat, ist er optimal qualifiziert zum Verfassen dieses Buches. Sein Schreibstil ist frisch und witzig, aber nicht zu oberflächlich. Er hat sich nicht nur so seine Gedanken gemacht und diese in durchzechten Nächten in seinen Computer gehackt, sondern auch einige sehr witzige Aktionen gestartet. Darunter eine Anfrage an alle Parteien des deutschen Bundestages, „was Goethe und Schiller für Deutschland bedeuten“ und eine Anfrage an 20 deutsche Universitäten zur Einrichtung eines Lehrstuhls für Nörgelästhetik.

Die Kapitel tragen ebenso lustige wie erhellende Namen wie „Die Deutschen wissen, dass sie wirtschaftliche Probleme haben, aber nicht, dass sie eine Wirtschaft haben“ oder „Die Deutschen machen aus ein paar toten Dichtern dermaßen Kult, dass man auch fast meint, sie würden sie auch lesen“. Stets eloquent und augenzwinkernd ist das genau das richtige Buch zum Abschalten. Auch das urdeutsche Trauma der Nazizeit wird natürlich nicht ausgespart („Die Deutschen meinen, Hitler gehöre ihnen ganz allein“). Dort ist unter anderem zu lesen:

Man braucht sich unter den Deutschen nur mal umzuhören, warum sie so sind, wie sie sind:
„Warum seid ihr alle aus der Kirche ausgetreten?“
„Das hat etwas mit unserer Erfahrung im Dritten Reich zu tun. Seidem glauben wir an nichts mehr.“
„Warum verteufelt ihr Patriotismus so sehr?“
„Das hat etwas mit dem Dritten Reich zu tun. Seidem sind wir dem Staat gegenüber sehr skeptisch.“
„Wie kam es, dass dieses Land, das sonst einen recht guten Geschmack hat, solch eine kulinarische Perversität wie den Hawaii-Toast erfinden konnte?“
„Das hat mit dem Dritten Reich zu tun. Damals war es uns verboten, Schinken, Käse, Ananas und Toastbrot zu kombinieren oder Gerichten nach exotischen Inseln zu benennen.“

Angenehm auch: Das Buch ist von 2007 und ich kannte die meisten erwähnten Politiker, Popgruppen und Zeitschriften aus eigenem Erleben und nicht nur aus Geschichtsbüchern.

„Planet Germany“ gibt es als Taschenbuch.

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